Willkommen auf meinem Blog über mein Freiwilligenjahr in Minsk, Belarus!

Sonntag, 19. Dezember 2010

Demonstrationen. Unglaublich viele Menschen. Alte und Junge. Auf dem Unabhängigkeitsplatz. Ein Sprecher "Miliz, wir sind ein Volk, ihr seid unsere Brüder". Das Militär rückt an. Die Kirschenglocke an der roten Kirche läutet die ganze Zeit. Die Demonstranten werden vertrieben. Panik. Menschen laufen in alle Richtungen. Blutende, Verletzte. Ein Mann zerreißt seinen Pass.
Die Präsidentschaftskandidaten sind verletzt oder festgenommen. Der Sieger scheint festzustehn.

Uns geht es gut.


Aktuelles zur Wahl (mehr weiß ich auch hier nicht)

Heute wirds ernst!





Heute ist es also soweit, heute wird gewählt! Darauf wurde die letzten Wochen überall mit Postern und sogar mit Durchsagen in der Metro aufmerksam gemacht. Seit dem 13. konnten dann schon früher Stimmen abgegeben werden,heute sind die Wahllokale bis 20 Uhr geöffnet. Die Opposition hat für heute Abend Demonstrationen angekündigt, die Regierung hat sie verboten.


Das die Stimmung angespannter wird, konnten wir gestern Abend selbst spüren, auf einmal klopfte jemand immer wieder an unsere Tür, vermutlich, nachdem er schon mehrmals geklingelt hatte, aber ich hatte laut Musik an und hab das deshalb nicht mitbekommen. Als erstes hielten uns die beiden Männer in Zivil ihre Milizausweise vor und wollten wissen, ob das unsere Wohnung ist und ob wir ihnen unsere Pässe zeigen können. Da hatte ich ja schon erstmal Schiss, denn da es Probleme mit meinem Visum gab und mein altes am 13. abgelaufen ist, habe ich jetzt kein Visum mehr, sondern nur einen kleinen Stempel auf meiner Migrationskarte, dass ich das Visum beantragt habe und das es am 22. fertig sein soll. Darauf gingen sie jedoch nicht ein und wollten dann noch wissen, ob Hannah wirklich in Barawljani arbeitet und ob wir Russisch verstehen. Die letzte Frage und damit der Wink mit dem ganzen Zaun war dann: "Und etwas Schlechtes haben Sie auch nicht gemacht, nein?" 
Wir wissen leider nicht, ob sie vorher schon bei unsren Nachbarn waren, oder ob sie nur bei uns waren. Erschreckt haben wir uns allemal, denn obwohl es bei meinem Visa ja schon einige Probleme gab, war dass jetzt das erste Mal, dass wir selbst zu spüren bekommen haben, dass der Staat uns beobachtet und auch ganz genau weiß, was wir hier so machen...


- Da ich diesen Post heute Mittag wegen Internetsperren nicht veröffentlichen konnte, ist er jetzt schon wieder veraltet.

Dienstag, 14. Dezember 2010

Noch 5 Tage...

( 19. Dezember 2010: Präsidentschaftswahlen Republik Belarus)

Sonntag ist es soweit, dann wird in Belarus gewählt.

Lukaschenko regiert seit 1994 weitgehend uneingeschränkt und hat seine Macht auch nach und nach immer weiter ausgebreitet. Eine Opposition hat sich erst in den letzten 10 Jahren entwickelt und sie ist auch aufgrund der staatlichen Repressionen nicht in der Lage sich wirklich zu entfalten. Außerdem sind alle Nachrichtenagenturen staatlich, sodass sämtliche Berichterstattung immer für Lukaschenko ist und über die Opposition oder andere kritische Stimmen im Fernsehen nicht berichtet wird.
Die Einstellung der Bevölkerung zu Lukaschenko ist unterschiedlich, viele halten ihm sehr zugute, dass er das Land in den letzten Jahren zu einem relativen Wohlstand gebracht hat, oft erzählen einem Leute, dass Lukaschenko dafür gesorgt hat, dass man in den Läden alles kaufen kann und auch die Qualität der Waren gut ist, trotzdem sind viele Menschen der Überzeugung, dass Lukaschenko nach 16 Jahren lange genug regiert hat und es jetzt einmal Zeit für einen Wandel wäre. Damit stößt man aber dann schon auf das nächste Problem, denn die Opposition hatte nie die Möglichkeit sich richtig zu entwickeln und viele Menschen sehen die Präsidentschaftskandidaten als nicht fähig einen Staat zu regieren oder als von Europa oder Russland abhängig. Bei der letzten Präsidentschaftswahl 2006 hatte die Opposition auch das Problem, dass sie untereinander zerstritten war und sich nicht auf einen gemeinsamen Gegenkandidaten gegen Lukaschenko einigen konnte.
Im Oktober standen an allen Straßenecken die Unterschriftensammler für die Kandidaten, die 100 000 Unterschriften sammeln mussten, um zur Wahl zugelassen zu werden. Zugelassen sind jetzt mit Lukaschenko zehn Kandidaten. Sie hatten die Möglichkeit sich im Fernsehen vorzustellen und es gab sogar eine Fernsehdebatte, zu der Lukaschenko jedoch nicht erschienen ist. Allerdings ist eine halbe Stunde Sprechzeit im Fernsehen ziemlich gering, wenn man bedenkt, dass Lukaschenko permanent in den Nachrichten auftaucht, außerdem ist die Zeit in der die Kandidaten sich vorstellen dürfen schon zu Ende und die letzte Zeit vor der Wahl wird jetzt wieder alleinig über Lukaschenko berichtet. Letzte Woche gab es noch eine letzte große Vorstellung für Lukaschenko: Die vierte belarussische Volksversammlung, auf der er einen ganzen Tag lang nochmal seine Politik vorstellen konnte.
Seine Taktik ist es im Moment vor allem der Bevölkerung und den andren Ländern freie Wahlen vorzugaukeln, sogar Demonstrationen, die eigentlich verboten waren, hatten für die Kandidaten außer einer Verwarnung keine Folgen. Trotzdem ist es wohl so, dass die Wahlen nach außen hin möglichst frei und demokratisch aussehen sollen und der Sieger wie in den Jahren zuvor schon feststeht.
Momentan ist die Stinmmung immer angespannter, die Miliz begegnet einem immer öfter auf der Straße, oft ist die Wahl Thema in Gesprächen. Die Oppositionkandidaten haben die Bevölkerung aufgefordert, am Sonntag auf den Oktoberplatz zu kommen und die Verkündung des Wahlergebnis dort zu erwarten.


Weitere Finfos zur Wahl gibts auf: http://belaruswahl2010.wordpress.com/

Montag, 29. November 2010

Der erste "richtige" Schnee

Heute will ich nur kurz ein Foto posten, vom ersten Schnee, der endlich auch einmal liegen bleibt. Das Foto habe ich gerade eben aus unserem Küchenfenster aus aufgenommen:


Draußen sind es -13°C und es soll in den nächsten Tagen noch kälter werden. Ab Morgen haben wir Seminar und ich freue mich schon richtig auf die geplante Stadtrally durch Minsk bei -21° ;)
Das wars für heute erstmal von mir, ich muss jetzt nochmal weg, mein Visum muss beantragt werden und das ist anscheinend doch komplizierter als gedacht, also wieder raus in die Kälte!

Samstag, 13. November 2010

Der Kamarowski

Heute will ich mal nichts über meine Arbeit schreiben, sondern über dne Kamarowski. Das ist der zentrale Markt in Minsk. Letzten Sonntag sind Hannah und ich dorthin gefahren, weil wir uns mal mit Gemüse und Obst eindecken wollten, da das in den staatlichen Läden nicht immer so lecker aussieht und wir uns auch irgendwie mal wieder mehr mit Obst und Gemüse ernähren wollten. Auf dem Kamarowski gibt es eine große Halle mit Fleisch, Backwaren und an den Seiten allen möglichen kleinen Kiosks in denen man von Kaffee, Tee, getrocknetem Obst, Apotheken, Drogerieläden bis zu Tierfutter alles findet.

Neben der großen Halle gibt es dann noch eine nach den Seiten offene Halle für Gemüse und Obst. Dort findet man auch wieder echt alles mögliche an Obst und Gemüse, sogar Gemüse, dass man im Winter hier nicht unbedingt erwarten würde, wie Mangos, Melonen oder Trauben.


Ich finde den Kamarowski jedesmal von neuem spannend, alles kann man anschauen, probieren und es gibt auch soviel zu gucken! Die Marktatmosphäre ist einfach super und alle zukünftigen Gäste können sich schonmal drauf einstellen, das der Kamarowski definitiv auf dem Besichtigungsprogramm stehen wird ;)

Abschließend dann hier mal noch unsere Einkäufe:



Außerdem möchte ich mich schonmal bei allen bedanken, die heute an mich gedacht haben und mir zum Geburtstag gratuliert haben. Obwohl ich mir im Vorfeld doch Gedanken gemacht hatte, wie es denn sein wird, so weit weg von zuhause Geburtstag zu feiern und dann auch noch ohne die andren Freiwilligen, die dieses Wochenende auf einem EVS Seminar sind, war der heutige Tag einfach total schön. Heute Nacht wurde ich schon gleich per SMS, Skype und Icq gratuliert und heute Mittag war ich zu einer meiner Babuschki eingeladen, sie hatte Borschtsch für mich gekocht und sogar einen Kuchen gebacken. Heute Abend habe ich dann zuerst mit meiner Mutter und danach mit meinem Vater geskypt und auch mit meinen Schwestern telefoniert. Außerdem bekam ich noch Besuch von drei Freunden aus Minsk. Wir hatten einen gemütlichen Abend und im Moment bin ich immernoch überwältigt davon, wer mir heute alles geschrieben hat und auch wie lieb mir hier alle gratuliert haben und was ich von Menschen, die mich ja gerade mal zwei Monate oder noch kürzer kennen Schönes geschenkt bekommen habe. Daher nochmal Danke, Danke, Danke!!!
Hier auch noch Irina Iwanowna mit meinem Kuchen:

Samstag, 6. November 2010

Das "Chessed Rahamim"

Heute möchte ich einmal etwas über meine Arbeit im „Chessed – Rahamim“ schreiben:
Unter dem Namen „Chessed“ gibt es in Osteuropa ganz viele jüdische Sozial- und Kulturzentren. Jedes „Chessed“ hat dann noch einen Beinamen, das in Minsk heißt daher „Chessed – Rahamim“.
Das Chessed ist mein Hauptprojekt, eigentlich sollte ich dort dreimal die Woche arbeiten, aber da wir ja nur drei Freiwillige sind und mehr als genug Projekte haben, habe ich mit der Verantwortlichen vom Chessed vereinbart, dass ich auch noch einen Tag in der Geschichtswerkstatt arbeite. Daher bin ich jetzt immer Montags und Mittwochs im Chessed.
Das Chessed in Minsk hat verschiedene Einrichtungen und Angebote: Es gibt das Kulturzentrum, mit einem Museum, einer Kindergruppe, Bastelangeboten für Kinder und Jugendliche, aber auch für ältere Menschen, einen Spielkreis, Tanzgruppen etc. aber auch das Sozialzentrum, das verschiedene Dienste organisiert, zum Beispiel so etwas wie Essen auf Rädern oder auch einen Bettwäschedienst. Außerdem gibt es medizinische Hilfe, die Angestellten sind ausgebildete Krankenschwestern und besuchen dann die Klienten zuhause und helfen bei der Pflege.
Hier in Belarus ist es so, dass es von staatlicher Seite vor allem für ältere und kranke Menschen kaum Hilfe gibt. Es gibt einen medizinischen Besuchsdienst, allerdings bekommen trotzdem kaum ältere Menschen diese Unterstützung. Sie sind auf die Hilfe ihrer Familie angewiesen und wenn diese ihnen nicht hilft oder nicht helfen kann, kommen sie in Psychatrien oder Behindertenheime.
Daher ist es gut, dass es das Chessed gibt, das diese Dienste anbietet.
Im Chessed fahre ich meistens mit einem Fahrer und einem Begleiter mit und verteile Essen, Lebensmittel oder auch Bettwäsche. Je nachdem was an dem Tag ansteht, fahren wir dann zuerst das Essen in einem Restaurant abholen, oder zu einem Großmarkt und dann werden die Pakete gepackt und es geht los, meist quer durch Minsk. Die Male die ich mit einem Fahrer und dem Begleiter unterwegs war, war es meist so, dass ich nur die Pakete getragen habe und der Begleiter dann noch mit den Leuten geredet hat und mich auch vorgestellt hat. Anfangs kam ich mir dabei eher unnötig vor. Diesen Mittwoch bin ich dann zum ersten Mal alleine mit einem Fahrer unterwegs gewesen. Anfangs war der Fahrer noch skeptisch und meinte zu Natalja (meiner „Koordinatorin“ im Chessed), dass ich doch nicht genug Russisch könnte und ihn ja nicht verstehen würde... Nachdem aber dann Natalja und Vadim (der, der normalerweise die Fahrer begleitet) seine Bedenken zerstreut haben, dass ich schon genug verstehen würde, gings dann doch los und nach dem ersten paar Besuchen, hatte ich auch den Fahrer überzeugt, dass das schon klappt. Die Klienten wussten ja alle, dass wir Mittwoch die Bettwäsche abholen kommen und so musste ich dann vielen auch gar nicht mehr erklären, dass ich die neue Freiwillige bin und dass ich heute anstatt Vadim ihre Bettwäsche abhole. Später hat der Fahrer dann sogar nochmal Natalja angerufen, damit sie mir auf Englisch erklären kann, dass die Klientin, zu der wir als nächstes fahren, sehr arm ist und ihre Wohnung auch schlecht ist. Ein anderer Fahrer hat sich letztens auch Sorgen gemacht, dass die Pakete zu schwer für mich sind und sowas, also alles gut, sie sind immer sehr besorgt um mich ;)

Meist fahre ich Montags mit den Fahrern mit und habe denn den Mittwoch Zeit für meine zwei Babuschki Esther und Irina.
Ansonsten gibt es im Chessed immer ganz viele verschiedene Angebote, Feiern und Veranstaltungen, zum Beispiel war ich auch schon auf der jüdischen Neujahrsfeier, einem Geburtstagskonzert der Tanzgruppe und einer Vorstellung des Programms „Mein zweiter Geburtstag“. Außerdem hätte ich auch noch die Möglichkeit, wenn mein Russisch besser ist, in der Kindergruppe mitzuhelfen, da ich aber ja auch noch eine Familie vom Chessed besuche, bleibt mir für die Kindergruppe zumindest im Moment keine Zeit. Über die Babuschki und die Familie werde ich ein andermal mehr schreiben.

Mittwoch war ich ja außerdem dann noch auf dem Konzert von Sabaton, auf dass ich mich ja schon seit Monaten gefreut habe. Das Konzert war total super, die Stimmung war klasse, ich stand in der ersten Reihe und war einfach total begeistert von Sabaton und von der ganzen Atmosphäre!


Dienstag, 26. Oktober 2010

Der "Club der deutschen Sprache"

Nach und nach will ich hier jetzt meine verschiedenen Projekte vorstellen, heute fange ich mit dem Deutsch-Club in der Geschichtswerkstatt an:

Jeden Dienstag um 12 Uhr treffen sich normalerweise ungefähr 7 ältere Damen und Herren und ihre Lehrerin Natascha in den Räumen der Geschichtswerkstatt zum Deutschclub. Einige von ihnen haben einmal für kurze Zeit in Deutschland gelebt, zum großen Teil waren sie während des Krieges Zwangsarbeiter in Deutschland, einige haben aber auch später nochmal in Deutschland gelebt oder sonst wo deutsch gelernt und bei den Treffen wird meist ein Text gelesen und übersetzt und danach auch noch Grammatik gelernt. Vor kurzem haben wir Teile von Erich Kästners Emil und die Detektive gelesen. Im Moment lesen wir Aschenputtel von den Gebrüdern Grimm. Aschenputtel ist ja schon für Deutsche manchmal schwierig zu lesen, weil die Sprache doch etwas veraltet ist, daher ist es für Deutschlernende natürlich nochmal schwieriger und oftmals führt das zu einigen Verständigungsproblemen, zum Beispiel dass „Linsen lesen“ nichts mit dem Lesen eines Textes zu tun hat oder dass das „Reis“ nicht nur das Nahrungsmittel Reis ist sondern auch eine veraltete Form für „Reisig“. Da bin ich dann meistens gefragt und muss mir einfachere oder gebräuchlichere Synonyme überlegen.
Das schönste am Deutschclub ist für mich jedoch immer die älteren Damen und Herren untereinander zu beobachten: sie lassen sich nicht ausreden und reden dazwischen, wenn der andere an der Reihe ist, weil sie es natürlich immer noch etwas besser wissen, oder sie quasseln untereinander anstatt zuzuhören und wenn sie dann an der Reihe sind wissen sie nicht wo wir dran sind mit Lesen, sie streiten sich über Formulierungen und Wörter etc. Manchmal hat man das Gefühl sie sind schlimmer als Schulkinder ;). Außerdem sind sie nie um eine Antwort verlegen, zum Beispiel hat einer der Herren auf die Aufgabe von Natascha, er solle uns doch bitte eine Minsker Sehenswürdigkeit nennen, geantwortet: „Ich natürlich!“ , derselbe Herr begrüßt einen seiner „Mitschüler“ auch immer wieder auf deutsch mit „Guten Tag du Schurke!“.
Nach dem Lesen und der Grammatik wird dann meist noch Tee getrunken und Kekse oder Brote oder was sonst jemand so mitgebracht hat gegessen und geredet. Untereinander unterhalten sie sich immer auf Russisch, aber mit mir versuchen sie immer  Deutsch zu reden und bemühen sich dann dass ich sie auch nur ja verstehe und sind auch immer sehr stolz wenn ich ihnen auf Nachfrage zusichere, dass der Satz jetzt richtig war.

Natascha wird jetzt jedoch aufhören, den Deutschclub zu leiten, aber die letzten beiden Male war schon ihre Nachfolgerin dabei, Iryna. Mit ihr habe ich mir schon zusammen überlegt, dass wir in Zukunft auch noch mehr über Deutschland, einzelne Städte oder Bundesländer machen wollen und wir haben schon beschlossen im übernächsten Deutschclub, der ja am 9. November sein wird, das Thema Mauerfall und der 9. November in der deutschen Geschichte zu behandeln. Außerdem habe ich schon die Aufgabe von einem der Teilnehmer, dass ich ihm einen Text aus einer Deutschprüfung sprechen und aufnehmen soll, damit er ihn sich zum Lernen immer anhören kann, denn seinen MP3 –Player mit allen möglichen deutschen Texten und Liedern hat er immer dabei ;). Ich finde es super, dass er sich noch so gut mit Technik auskennt und es ist auf jeden Fall ein nicht alltäglicher Anblick einen über 70jährigen, grauhaarigen Opa mit MP3 Player und Ohrstöpseln zu sehen. Allerdings muss ich jetzt mich jetzt erst mal mit meiner Technik auseinandersetzen, denn bis jetzt habe ich noch keine Ahnung wie ich das aufnehmen soll…
Wie den Deutschclub gibt es im Rahmen des Treffpunkt Dialogs viele verschiedene Veranstaltungen: den Handarbeitsclub, den Club der Traditionen, einen Tanztreff und regelmäßig Veranstaltungen für Jubilare, zum Beispiel zum Tag des Verteidigers des Vaterlandes am 23. Februar.

Das wars jetzt erstmal soweit vom Deutschclub. Ein anderes amüsantes Erlebnis hatte ich heute in der Metrostation Kupalowskaja:


Das ist das Plakat für das Sabaton Konzert am 3. November in Minsk für das ich ja auch schon eine Karte habe. Die Schreibweise von englischen Namen im Kyrillischen bringt mich jedes Mal zum Schmunzeln, aus „Alestorm“ wird dann mal „Aljestorm“ oder aus „Steelwing“ „Stilwing“.

Montag, 25. Oktober 2010

Nun doch ein Blog!

Ich habe mich nach einigem Überlegen, jetzt doch entschieden, einen Blog über meinen Freiwilligendienst in Minsk zu führen. Da dieser aber nun doch schon fast 2 Monate dauert, wird der Anfang erst mal die Zusammenfassung davon sein...

Mein Jahr im Ausland begann erstmal mit zwei Wochen Seminar in Deutschland. Vom 3. September bis 11. September hatten wir unser Vorbereitungsseminar in Hirschluch mit 130 anderen Freiwilligen von ASF. In unseren PAG's (Projektarbeitsgruppen) und in Workshops haben wir uns auf unsere kommende Arbeit vorbereitet. Im Nachhinein finde ich dass das Seminar sehr gut und nützlich war, aber während der Seminarzeit fand ich es irgendwann doch nervig jetzt schon wieder erklären zu müssen, warum ich das FSJ mache und was meine Erwartungen sind und so... Auch fand ich den Zustand zwischen Verabschiedung von Familie und Freunden und wirklicher Ausreise sehr seltsam, denn man hatte sich zwar schon verabschiedet, aber war doch noch in Deutschland.
Am 10. September war dann die große Abschiedsparty und im Laufe der Nacht und am Morgen des 11. September sind dann alle anderen Freiwilligen, außer uns, in ihre Projektländer aufgebrochen. Wir hatten unser Länderseminar noch in Berlin- Dahlem. Bevor ich jedoch dorthin gefahren bin, habe ich den Sonntag vormittag noch dazu genutzt mich mit meiner Schwester Ruth und ihren Kindern, die auch in Berlin waren zu treffen.

Das Seminar in Dahlem war dann nur noch speziell für die Russland, Ukraine und Belarus Freiwilligen. Dort gab es dann viele konkrete Infos zur Situation in den Ländern und auch zu unserer Wohnsituation. Ich habe dort dann auch erfahren, dass meine Projekte sich nochmal geändert haben. Ich war ja davon ausgegangen, in der Dolja (einem Verein ehemaliger Zwangsarbeiter), einer Einrichtung für Behinderte und im Kinderheim in Novinki zu arbeiten, mein Hauptprojekt ist jetzt jedoch das jüdische Sozial- und Kulturzentrum Hesed- Rahamim. Dazu aber später mehr.
Am 14. September ging es aber dann doch endlich los mit dem Zug Richtung Minsk. Die Zugfahrt war sehr aufregend, einmal der Zug an sich schon, mit Teppichen im Flur und einem gemütlich kleinem Abteil, in das unser ganzes Gepäck jedoch nur mit viel Gequetsche reinpasste. Nachts gegen 5 passierten wir dann die polnisch- weißrussische Grenze und danach wurde unser Zug dann noch umgesetzt, da hier die Schienen 89mm breiter sind. Während des Umsetzens bin ich dann doch schon wieder eingeschlafen. Gegen 11 Uhr kamen wir dann endlich in Minsk an. Auf der Taxifahrt zu unserer Wohnung fühlte ich mich wie ein kleines Kind, dass mit riesengroßen Augen durch die Welt geht und gar nicht weiß, wo es zuerst hinschauen soll. Dieses Gefühl hielt auch noch die nächsten Tage an, denn es gibt hier einfach viel zu viel zu entdecken.

In der Wohnung angekommen habe ich dann als erstes meinen Koffer ausgepackt, damit fühlte ich mich dann richtig angekommen und das Gefühl, nach zwei Wochen nicht mehr aus dem Koffer leben zu müssen war einfach super!
Die ersten paar Tage verbrachten wir dann mit der Registrierung und damit alle Projekte die es in Minsk gibt zu besuchen. Außerdem haben Tina und Laura, unsere Vorgängerinnen hier in Minsk, eine Stadtrallye für uns organisiert, damit wir Minsk schon etwas besser kennenlernen.
Tja und danach begann dann der Alltag und die Arbeit. Montags und Mittwochs arbeite ich jetzt im jüdischen Sozial- und Kulturzentrum Hesed Rahamim. Montags bin ich meistens mit Fahrern unterwegs zu verschiedenen Klienten des Hesed. Es gibt verschiedene Dienste, so etwas wie Essen auf Rädern, dann einen Bettwäschedienst, bei dem wir die Bettwäsche bei den Klienten abholen und ihnen frische bringen und letzte Woche haben wir Lebensmittelpakete verteilt. Im Moment bin ich noch mit einem Fahrer und einem Begleiter unterwegs, sodass wir dann zu zweit ein kleines Paket zu den Leuten bringen. Aber im Moment geht es hauptsächlich dadrum, dass ich die Abläufe kennen lerne und die Klienten mich kennenlernen, damit ich später dann auch ohne den Begleiter mitfahren kann. Mittwochs besuche ich dann meistens zwei "babuschki" (Omas). Zuerst gehe ich zu Esther. Sie sitzt im Rollstuhl, aber da sie mit ihrer Tocher zusammenwohnt, braucht sie keine Hilfe im Haushalt, sondern einfach nur jemand, der sich mit ihr unterhält. Wir haben auch schon Fotoalben geschaut und sie bringt mir immer ganz viele Vokabeln auf russisch bei, die ich ihr dann auf Deutsch auch noch mal sagen muss, denn sie konnte einmal Deutsch sprechen und ist sehr traurig darüber, dass sie es vergessen hat.
Danach gehe ich zu Irina Iwanowna. Ihre Adresse bekam ich auch über das Hesed. Sie hat früher auch einmal als Freiwillige im Hesed geholfen, jetzt ist sie aber selbst alt und da sie keine Jüdin ist, kann das Hesed nichts für sie tun. Mit ihr trinke ich meistens auch erstmal Tee und werde dazu genötigt, etwas zu essen ("Kindchen, ich muss dich doch ernähren") . Danach helfe ich ihr dann im Haushalt, ich putze Fenster oder wische Staub oder was halt grade so zu tun ist. Irina war früher Deutsch- und Englischlehrerin, daher haben wir am Anfang meist Deutsch gesprochen, mittlerweile sprechen wir über einfachere Dinge auf Russisch und wenn ich dann etwas nicht verstehe doch auf Deutsch.
Über das Hesed besuche ich auch noch eine Familie, Mutter und Tochter. Die Tochter sitzt im Rollstuhl, kann aber mit Hilfe und mit einem extra für sie gebauten Gestell in der Wohnung laufen. Ihnen helfe ich auch manchmal im Haushalt, oder ich gehe mit der Tochter spazieren oder unterhalte mich einfach mit ihr.
Dienstags bin ich in der Geschichtswerkstatt, das ist ein Museum auf dem Gelände des ehemaligen Ghettos von Minsk, dort gibt es eine Ausstellung über die Schicksale ehemaliger Zwangsarbeiter in Deutschland, außerdem ganz viele Veranstaltungen und Diskussionsrunden. Eine Veranstaltung ist der "Club der deutschen Sprache". Dort treffen sich mehrere ältere Damen und Herren, die Deutsch lernen. Ich habe dort schon eine PP- Präsentation über Merzig und das Saarland gehalten, ansonsten lesen wir dort momentan zum Beispiel Aschenputtel von den Gebrüdern Grimm oder auch Emil und die Detektive. Nach dem "Unterricht" wird dann noch immer Tee getrunken und erzählt. In der Geschichtswerkstatt habe ich ansonsten auch schon bei dem Korrekturlesen eines Buches geholfen. In dem Buch wird anhand von Interviews die Schicksale von Menschen erzählt, die in Deutschland Zwangsarbeit leisten mussten.
Über die Geschichtswerkstatt besuche ich auch noch Anna Iwanowna. Sie war Zwangsarbeiterin in Deutschland und wohnt ganz in meiner Nähe, ihr helfe ich auch im Haushalt.
Zwei Tage die Woche arbeite ich dann noch auf der Kleinkinderstation im Kinderheim in Novinki. Die Arbeit dort ist sehr unterschiedlich, auf der einen Seite macht es mir viel Spaß mich mit den Kindern zu beschäftigen, aber die Zustände in Novinki sind manchmal auch sehr bedrückend. Glücklicherweise arbeitet auf der Kleinkinderstation eine nette Pädagogin, die mir am Anfang zu den einzelnen Kindern kurz etwas erzählt hat und die mir im Moment auch viel zeigt, was ich mit ihnen tun kann um sie zu fördern.

Soviel erstmal von mir, ich werde versuchen in den nächsten Tagen mal einige Fotos hochzuladen, muss aber schauen, denn auf meinem Computer funktioniert unser Internet nicht, also muss ich immer meine Mitbewohnerin Hannah um den Laptop angammeln... Ich hoffe aber, dass das sich ändert, wenn mein Laptop wieder XP drauf hat und einer unserer deutschen Mitfreiwilligen hat versprochen mir das zu machen.

Viele Grüße aus dem sonnigen und herbstlichen Minsk!