Willkommen auf meinem Blog über mein Freiwilligenjahr in Minsk, Belarus!

Samstag, 19. März 2011

Kiew

Bevor ich von meinem Kurztrip nach Kiew erzähle, erst einmal ein kleines Rätsel:


Heute ist der 19. März, was ist also falsch dran?



Jetzt aber doch zu Kiew, wie schon im letzten Post erwähnt, bin ich letzten Donnerstag nach Kiew gefahren. Die Entscheidung war ziemlich kurzfristig, Auslöser war ein Plakat für ein Slayer Konzert in Kiew. In Timm habe ich dann einen begeisterten Mitfahrer gefunden und so ging es Donnerstagabend mit dem Zug los. Nach einer eher kurzen Nacht (warum ist man auch immer genau dann an der Grenze, wenn man sich gerade entschieden hat, jetzt doch mal zu schlafen?) und 12 Stunden Zugfahrt kamen wir in Kiew an und waren erstmal total erschlagen: Erst im Kontrast mit Kiew ist mir aufgefallen, wie "organisiert" Minsk doch ist. Minsk kann das Aussehen der geplanten Stadt eben nicht ablegen, Kiew aber ist eine natürliche Stadt und sieht dadurch eben nicht aus wie eine Modellstadt. 
Außerdem "erschlugen" uns die vielen Menschen auf dem Bahnhofsvorplatz und die vielen Leute, die uns wahlweise eine Wohnung ("квартира, квартира, квартира, квартира..."), Handykarten, ein Taxi oder einen Ausflug zu jeder erdenklichen ukrainischen Stadt andrehen wollten. Um mal einen Eindruck von Kiew zu bekommen, sind wir dann erstmal ein paar Stunden ziemlich planlos durch Kiew gelaufen um dann mal im botanischen Garten und dann auf dem Siegesplatz zu landen.
Abends haben wir uns dann die zentrale Einkaufsstraße in Kiew (den Kreschatik) und den Maidan angesehn:




Danach haben wir dann auch die Slayer Tickets gekauft, schließlich war das ja der eigentliche Grund für die Fahrt nach Kiew. 
Samstags haben wir dann viel Zeit damit verbracht, den Busbahnhof zu suchen und uns dann im Endeffekt wieder umzuentscheiden, dass wir doch Zug fahren wollen, abends waren wir aber dann noch die Touriattraktion in Kiew gucken: die Mutter - Heimat Statue, die sogar 16m höher ist, als die Freiheitsstatue in New York.




Von dort aus hat man einen tollen Blick über den Dnepr und die "falsche Seite von Kiew".



Und natürlich wollten wir das ultimative Tourifoto von uns vor der Statue haben, wir waren dadrin allerdings nicht so erfolgreich:






Unter der Mutter Heimat Statue befindet sich ein Museum über den zweiten Weltkrieg mit Gedenktafeln für alle Heldenstädte:



Sonntagabend war dann auch endlich das Slayer Konzert:


Die Halle war riesig groß und damit war das Konzert auch mein bis jetzt größtes Konzert (abgesehen von Festivals). Ansonsten fand ich Megadeth leider ein wenig enttäuschend, Slayer dafür aber umso besser. Schade nur, dass es hier nicht üblich ist, dass die Fans auf Konzerten nach dem Konzert noch Zugaben verlangen und somit mein Lieblingslied nicht gespielt wurde. Nach dem Konzert ging es dann direkt zum Bahnhof und wieder Richtung Minsk.

Als direktes Nachbarland zu Belarus habe ich ja in den letzten Monaten schon viel über die Ukraine gehört und war dann ja doch sehr gespannt wie die Ukraine denn wirklich sein wird. Das Haupturteil was man hier immer über die Ukraine hört ist, dass dort alles sehr schmutzig ist, das hat sich dann in Kiew auch bewahrheitet, in vielen Ecken liegt Müll und es gibt keine Säuberungskolonnen wie hier. Zweites Vorurteil über die Ukraine, dass man hier immer hört, ist dass es dort keine Führung gibt, wie hier den Präsidenten. Das hört man, oft im Positiven, wie im Negativen. Im Positiven eben, dass es dort freie Zeitungen, Fernsehsender, ein Recht auf Demonstrationen und so etwas gibt, im Negativen aber eben auch, weil es kein Sozialsystem gibt und keinen Staat der alles regelt... Fakt ist, dass ich in Kiew sehr viele Menschen gesehn habe, die betteln und abends auf der Straße schlafen. Allerdings ist es nicht so, dass es in Belarus keine armen Menschen gibt, es ist nur einfach verboten zu betteln und Menschen, die im Müll nach Essen suchen sieht man hier genauso, nur nicht in der Häufigkeit wie in Kiew. Judith, eine ASF Freiwillige in der Ukraine hat mir erzählt, dass viele Menschen in der Ukraine sich eine starke Führung wie in Belarus wünschen, weil sie Belarus als reicheres und weiter entwickeltes Land ansehen. Was den Zustand von Straßen, Straßenbahnen, Metro, Bussen und ähnlichem angeht, trifft das auf Belarus auch definitiv zu.
Kiew hat mir gut gefallen, auch weil es eben sehr anders als Minsk ist, trotzdem war das Gefühl wieder in Minsk wirklich nach Hause zu kommen. Es weckte auch Erinnerungen an unsere erste Ankunft in Minsk, die Montag ja dann auch genau ein halbes Jahr zurück lag.

Zuhause erwartete mich dann auch gleich eine gute Nachricht: Die Quarantäne ist endlich beendet. Mittwoch konnte ich wieder nach Novinki zu "meinen" Kindern. Meine Angst, sie hätten mich in den zwei Monaten vergessen, war zum Glück gleich wieder verflogen, nachdem mich Jascha gleich beim zweiten Anlauf (der zweite Anlauf ist richtig gut, da er schlecht sieht und auch immer erstmal alle Namen die er kennt, durchprobiert xD) mit dem richtigen Namen begrüßt hat. Nach einem Tag war ich schon wieder voll drin und jetzt nach drei Tagen fühlt es sich so an, als wäre ich nicht so lange nicht da gewesen. Ich bin richtig motiviert und freue mich schon auf die nächste Woche. Hier dann auch mal ein paar Fotos:

Mit Lena war ich Donnerstag wieder in der Keramikwerkstatt auf der Mädchenstation, es macht ihr immer so viel Spaß dort zu basteln:

 

Pascha:



Und Freitag war es richtig schönes Wetter, sodass Sveta, Irina, sieben Kinder und ich draußen spazieren waren, was die Kinder nach der Zeit im Winter, die sie ja gar nicht draußen waren, richtig genießen.
Artjom, Arthur und Aljoscha auf der Schaukel:



Alles in allem also eine echt gute Woche, wären da nicht immer die schlimmen Nachrichten aus Japan und Lybien, Bahrain etc... Hier ist die Anteilnahme mit Japan sehr groß, weil für die Menschen Tschernobyl und die Folgen ja immer noch alltäglich ist.

Nachrichten aus der arabischen Welt unterscheiden sich im staatlichen Fernsehn von denen, die auf Sendern wie Euronews gezeigt werden, Belarus hat gute Beziehungen zu Gaddafi, das Land liefert ihm im Moment auch noch Waffen und in deutschen Medien gab es zwischendurch ja auch mal die Meldung Gaddafi würde planen, sich nach Belarus abzusetzen.

Hier beginnen jetzt im Moment gerade die größeren Prozesse gegen die Organisatoren und Teilnehmer der Demonstration nach den Wahlen. Leider dringt davon scheinbar nicht sehr viel nach Europa durch. Präsidentschaftskandidat Ales Michalewitsch über die Haft.

Soviel für heute von mir, ich werde aufgrund des ekligen Wetters und der Tatsache, dass ich mich irgendwie gerade ziemlich müde fühle den Abend heute mit Filmen zuhause verbringen und darauf hoffen, dass der Schnee morgen wieder weg ist.
Johanna

Donnerstag, 10. März 2011

Masleniza

Масленица (Masleniza, dt. "Butterwoche") ist ein traditionelles Fest, das gefeiert wird, bevor die Fastenzeit beginnt. Während Masleniza ist es Brauch viele Blini (Pfannkuchen) zu essen, da die runden Blini die Sonne verkörpern, außerdem wird am Ende der Masleniza der Winter, meist in Gestalt einer Frau, verbrannt und somit ausgetrieben. Wir haben Masleniza letzten Sonntag in einem Dörfchen ein wenig außerhalb von Minsk gefeiert, in diesem Dorf gibt es ein Museum zur belarussischen Lebensweise, in dem viele gut erhaltene alte Holzhäuser und Holzkirchen stehen. Kaum angekommen gab es für uns erstmal Blini, denn der Brauch besagt, je mehr Blini man an Masleniza isst, desto glücklicher wird das Jahr: 

 














  
Winter, jetzt gehts dir an den Kragen ;)














Soviel also mit den Eindrücken zu Masleniza, allerdings war das Winter austreiben bisher nicht so erfolgreich. Heute ist es wieder richtig kalt und gerade schneit es sogar ein bisschen. Die letzten Tage hat es tagsüber getaut und ist nachts dann wieder gefroren. Daher ist im Moment überall der Schnee gefroren und auf den Bürgersteigen teilweise pures Eis, was natürlich zu vielen Unfällen führt. Heute habe ich einer Oma geholfen, die richtig böse gefallen ist und mich mal wieder über die Leute hier geärgert, die einfach weiter gegangen sind, eine Frau sogar mit dem Kommentar "Jaja, gestern bin ich auch hingefallen." Zum Glück kam da auch noch ein Mann, der die Oma dann kurzerhand auf den Arm genommen hat (alleine Laufen konnte sie vor Schmerzen nicht mehr) und ins nächste Krankenhaus gefahren hat. Jetzt hoffe ich, dass sie sich nichts gebrochen hat...

Ansonsten gehts in vier Stunden gleich los nach Kiew. Davon dann nächste Woche mehr! Пока!