Willkommen auf meinem Blog über mein Freiwilligenjahr in Minsk, Belarus!

Mittwoch, 11. Mai 2011

9. Mai - Tag des Sieges

Nachdem hier in den letzten Wochen alles sauber gemacht, gestrichen, geschmückt und mit Fahnen und Plakaten behängt wurde, war es dann Montag endlich soweit: es war der 9. Mai, der Tag an dem der Sieg im Großen Vaterländischen Krieg gefeiert wird.
Wer sich fragt, warum denn der 9. Mai, die Kapitulation Deutschlands 1945 war doch am 8., dann hier die Antwort: Die Kapitulation wurde in Deutschland schon am 8. Mai erklärt, allerdings unterschrieben das Oberkommando der Wehrmacht und die Heeresführer den Kapitulationsvertrag erst kurz nach Mitternacht, daher galt in der Sowjetunion und gilt bis heute in ihren Folgestaaten der 9. Mai als Tag des Sieges. 

Für Belarus ist der 9. Mai der zweitwichtigste Feiertag, direkt nach dem Tag der Republik am 3. Juli. Allerdings wird der 9. Mai nicht wie in Russland jedes Jahr mit einer großen Militärparade gefeiert, die gibt es nur an besonderen Jubiläen, wie 2010 zum 65. Jahrestag. Normalerweise gibt es aber einen feierlichen Zug der Veteranen und Staatsvertreter vom Oktoberplatz zum Siegesplatz und dort dann Kranzniederlegungen und eine Rede des Präsidenten.


An der extra aufgebauten Sicherheitsschleuse am Siegesplatz angekommen, durfte ich erstmal wieder zurück, da ich (worauf ich auch mal selbst hätte kommen können...) meine Spiegelreflexkamera nicht mitnehmen durfte, netterweise hat mich der freundliche KGB - Beamte gleich drauf aufmerksam gemacht und hat mir dann auch noch den überaus hilfreichen Tipp gegeben, doch einfach zwei Stunden spazieren zu gehn, wenn der Präsident weg wäre, könnte ich auch mit der Kamera auf den Siegesplatz... Na gut, also Kamera schnell in der Wohnung von Freunden deponiert und wieder zurück, dadurch haben wir dann den Zug der Veteranen nur noch am Siegesplatz ankommen gesehn, konnten dann aber von unserem Platz aus ganz gut beobachten wie Lukaschenko zusammen mit Söhnchen Kolja seinen Kranz niederlegt und danach auch noch seine Rede hören. 

Nach der Rede war dann auch schon bald wieder alles zu Ende und ich bin dann meine Kamera holen gegangen und danach noch ein wenig durch den Gorki Park, wo mich allerdings der Volksfestcharakter und die vielen Menschen ein wenig abgeschreckt haben.




Siegesplatz (rus. Площа Победы, bel. Плошча Победi)

Den ganzen Tag halten diese Schüler von einer Militärschule Wache am ewigen Feuer auf dem Siegesplatz, während die Leute ihre Blumen ablegen.


Zwei Veteranen


Zum Abschluss des Siegestages wurde Abends noch Salut geschossen und es gab an verschiedenen Stellen in der Stadt Feuerwerke. Von unserer Wohnung aus hat man einen guten Blick auf die Nationalbibliothek und ihr Feuerwerk:




Danach habe ich den Abends noch stilvoll mit einem Partisanenfilm im Fernsehn ausklingen lassen(es ist immer wieder amüsant, die "deutschen" Soldaten mit einem richtig starken russischen Akzent sprechen zu hören xD) und der Siegestag war dann ja auch rum. Allerdings musste ich dann heute noch mit einer meiner Babuschkas den Siegestag mit ein wenig Vodka feiern. 

Geblieben ist auf vor allem das Verständnis, wie wichtig dieser Tag auch 66 Jahre danach immer noch für Belarus ist. Der Siegestag ist in vielen Familien ein sehr wichtiger Feiertag, sie gehen zusammen auf die Parade, meist ja auch mit ihren Groß- oder Urgroßeltern, die selbst Veteranen sind und nach der Parade wird dann in der ganzen Familie zusammen gefeiert. In Belarus starb während des zweiten Weltkriegs jeder Vierte, in jeder Familie gab es Tote, daher ist die Erinnerung an diesem Tag sehr wichtig. Genau das war es auch, was Lukaschenko in seiner Rede betonte, eben dass es wichtig ist, denen zu gedenken die gestorben sind, aber auch die Erinnerung wachzuhalten, damit sich so etwas nicht wiederholen kann.
Auch geblieben ist aber auch das seltsame Gefühl Lukaschenko zum ersten Mal dort wirklich zu sehen und nicht nur im Fernsehn. Zu Lukaschenko gehören auch die Maschinengewehrläufe aus einem Fenster am Siegesplatz und die Mengen an KGB Leuten, die zwischen den Zuschauern standen und besonders einer, der sich besonders für uns interessiert hat, weil er anscheinend gehört hat, dass wir nicht Russisch sprechen und uns dann nicht mehr von der Seite gewichen ist. Genauso dazugehört für mich auch das Wissen, dass die Veteranen zwar als Helden gefeiert werden, der Staat ihnen aber die Unterstützung kürzt, außerdem muss man bedenken, dass diejenigen die zur Parade kommen noch die Fittesten der Veteranen sind, die jetzt alle schon über 80 sind und meist schon nicht mehr in der Lage zur Parade zu kommen und eben im Alter, wenn sie keine Familien haben, die sich um sie kümmern alleine gelassen sind.


Auch geblieben von diesem Tag ist die Frage, ob ich als Deutsche denn überhaupt mitfeiern darf, dass Deutschland besiegt wurde und meine eindeutige Antwort darauf, natürlich darf ich feiern, ohne die Befreiung wäre das Deutschland keins in dem ich Leben möchte!
Übrigens wurde ich ganz oft gefragt, ob in Deutschland der 8. bzw 9. Mai auch ein ganz wichtiger Feiertag ist und keiner konnte so recht verstehen warum er das nicht ist, was meiner Meinung nach auch verständlich ist. Ausgehend davon habe ich dann mal ein wenig im Internet nachgelesen und festgestellt, dass ich nicht genug Bescheid wusste und es in Deutschland schon genau diese Debatte, ob man den Tag denn nun Feiern darf oder nicht und wenn ja, wie, schon gibt. Also wieder was gelernt. 


Ansonsten ist der Frühling, nachdem es am Wochenende wieder kalt war, nun scheinbar endgültig in Minsk angekommen, alles ist grün, die Sonne scheint und heute waren es schon 24°C. Ich finde es total angenehm endlich ohne warme Jacke oder dicken Pulli rausgehen zu können und finde es vor allem in Novinki richtig toll, dass wir dort jetzt schon lange rausgehen können und auf dem Spielplatz im Garten spielen können!


Obwohl mich die Nachricht, dass im Saarland schon die ersten Freibäder öffnen schon ein wenig neidisch gemacht hat ;). Das wars für heute, Fotos von der eigentlichen Parade reich vielleichtich noch nach, wenn ich sie von meinem Handy runtergespielt habe,


Пока, Йоханна

Sonntag, 8. Mai 2011

Lviv

Aus Odessa ging es für Hannah und mich zusammen mit Susanne, der Freiwilligen dort, weiter nach Lviv (oder russ. Lvov oder auch dt. Lemberg).




Seminar in Odessa

Odessa -  wieviel habe ich schon vorher über diese Stadt gehört, die immer als etwas sehr besonderes gilt und meine Erwartungen würden erfüllt und übertroffen.
Nach 23 Stunden Zugfahrt fühlten wir uns in Odessa schon gleich wie im Urlaub und ewig weit weg von Minsk. Auf dem Weg zur Straßenbahn sind wir durch einen Markt gegangen und kamen uns gleich vor wie auf einem orientalischen Markt. Als wir dann auch noch am schwarzen Meer waren, war das Urlaubsfeeling perfekt.
Unser Seminarprogramm bestand aus einem Besuch im jüdischen Museum in Odessa, sowie im Holokaustmuseum, einem Seminar mit Teilnehmern aus Odessa über Interkulturelle Kommunikation und Gedenkkultur in der Ukraine, einem Abend mit der jüdischen Gemeinde in Odessa, "normalem" Seminarprogramm mit Gesprächen über unsere Projekte und meinem Favorit: Wir sahen das Ballet Schwanensee in des Oper in Odessa.


Oper in Odessa


Das Schwarze Meer

Ukraine und Belarus Freiwillige
Auf unseren letzten Seminartag fiel auch der Feiertag zur Befreiung Odessas von der deutschen Besetzung. An diesem Tag gab es ein kleines Stück außerhalb von Odessa ein Spektakel zur Befreiung bei dem mehrere Hundert Schauspieler die Befreiung nachspielten. Ein sehr interessanter, aber auch für mich verstörendes Erlebnis, denn es gab ja nicht nur Rotarmeesoldaten sondern eben auch "Deutsche" in alten Uniformen die klischeegerecht in ihrem Erdloch unter der SS - Fahne saßen und die alte deutsche Hymne hörten.
Dazu auch noch ein paar Fotoeindrücke:


Die Rote Armee greift an!






Theaterfestival Hesed

Das erste was ich nachtragen will, liegt jetzt schon über einen Monat zurück, trotzdem war es eine schöne Erfahrung für mich und daher will ich noch darüber schreiben.
Vom 25. bis 27. März veranstaltete das Hesed in Minsk ein Theaterfestival für Menschen mit Behinderungen. Ich habe dort als Freiwillige an allen Tagen geholfen.
Freitags begann das Festival mit einer Vorstellung der Taubstummenvereinigung Minsk, in deren Theaterhaus das Festival auch statt fand. Es war eine total neue Erfahrung zu sehen, wie Taube Theater spielen. Musik und Text kamen vom Band und die Schauspieler sprachen Gebärdensprache.
Samstag ging es dann mit dem eigentlichen Festival weiter, kurzerhand wurde ich dann auch noch zu einem Jurymitglied ernannt, was für mich allerdings eher seltsam war, da die restlichen vier Leute allesamt richtig Ahnung von Theater haben und ich ja überhaupt nicht, vor allem als ich dann auch noch auf Russisch meine Eindrücke beschreiben sollte, fand ich das schwierig. Aufgetreten sind an dem Tag 11 Gruppen aus Belarus, Russland, Litauen und der Ukraine. Die Gruppen gingen von Laiengruppen die ihren ersten Auftritt auf dem Festival hatten zu Gruppen die schon seit Jahren professionell auftreten und waren daher auch schwer miteinander zu vergleichen.
Außerdem gab es Samstags und Montags noch viele Workshops.
Sonntag gab es dann noch ein großes Galakonzert. Sehr gefreut hat mich, dass dort Kinder aus Novinki aufgetretet sind.



Ansonsten fand ich es auch eine schöne Erfahrung, weil mir klar geworden ist, dass Novinki eben auch ein Extremfall ist, weil es ein Heim und dann auch noch für Kinder mit Behinderungen ist. Dort auf dem Festival zu sein und zu sehen, dass es auch einige Kinder gibt, die in Familien aufwachsen, lässt mich doch noch mehr dran glauben, dass es einen Fortschritt in der Integration gibt, auch wenn es nur ein sehr kleiner ist...

Schlechtes Gewissen!

Trotz meinem Versprechen gleich wieder etwas Neues zu schreiben, bin ich nicht dazu gekommen in den letzten Wochen... Irgendwie fehlte mir die Zeit.
Daher also jetzt eine Zusammenfassung meiner Zeit in Odessa, Lviv und des Besuchs meiner Familie in Minsk, außerdem auch der Vorsatz in Zukunft wieder regelmäßiger zu schreiben.