Willkommen auf meinem Blog über mein Freiwilligenjahr in Minsk, Belarus!

Sonntag, 19. Dezember 2010

Demonstrationen. Unglaublich viele Menschen. Alte und Junge. Auf dem Unabhängigkeitsplatz. Ein Sprecher "Miliz, wir sind ein Volk, ihr seid unsere Brüder". Das Militär rückt an. Die Kirschenglocke an der roten Kirche läutet die ganze Zeit. Die Demonstranten werden vertrieben. Panik. Menschen laufen in alle Richtungen. Blutende, Verletzte. Ein Mann zerreißt seinen Pass.
Die Präsidentschaftskandidaten sind verletzt oder festgenommen. Der Sieger scheint festzustehn.

Uns geht es gut.


Aktuelles zur Wahl (mehr weiß ich auch hier nicht)

Heute wirds ernst!





Heute ist es also soweit, heute wird gewählt! Darauf wurde die letzten Wochen überall mit Postern und sogar mit Durchsagen in der Metro aufmerksam gemacht. Seit dem 13. konnten dann schon früher Stimmen abgegeben werden,heute sind die Wahllokale bis 20 Uhr geöffnet. Die Opposition hat für heute Abend Demonstrationen angekündigt, die Regierung hat sie verboten.


Das die Stimmung angespannter wird, konnten wir gestern Abend selbst spüren, auf einmal klopfte jemand immer wieder an unsere Tür, vermutlich, nachdem er schon mehrmals geklingelt hatte, aber ich hatte laut Musik an und hab das deshalb nicht mitbekommen. Als erstes hielten uns die beiden Männer in Zivil ihre Milizausweise vor und wollten wissen, ob das unsere Wohnung ist und ob wir ihnen unsere Pässe zeigen können. Da hatte ich ja schon erstmal Schiss, denn da es Probleme mit meinem Visum gab und mein altes am 13. abgelaufen ist, habe ich jetzt kein Visum mehr, sondern nur einen kleinen Stempel auf meiner Migrationskarte, dass ich das Visum beantragt habe und das es am 22. fertig sein soll. Darauf gingen sie jedoch nicht ein und wollten dann noch wissen, ob Hannah wirklich in Barawljani arbeitet und ob wir Russisch verstehen. Die letzte Frage und damit der Wink mit dem ganzen Zaun war dann: "Und etwas Schlechtes haben Sie auch nicht gemacht, nein?" 
Wir wissen leider nicht, ob sie vorher schon bei unsren Nachbarn waren, oder ob sie nur bei uns waren. Erschreckt haben wir uns allemal, denn obwohl es bei meinem Visa ja schon einige Probleme gab, war dass jetzt das erste Mal, dass wir selbst zu spüren bekommen haben, dass der Staat uns beobachtet und auch ganz genau weiß, was wir hier so machen...


- Da ich diesen Post heute Mittag wegen Internetsperren nicht veröffentlichen konnte, ist er jetzt schon wieder veraltet.

Dienstag, 14. Dezember 2010

Noch 5 Tage...

( 19. Dezember 2010: Präsidentschaftswahlen Republik Belarus)

Sonntag ist es soweit, dann wird in Belarus gewählt.

Lukaschenko regiert seit 1994 weitgehend uneingeschränkt und hat seine Macht auch nach und nach immer weiter ausgebreitet. Eine Opposition hat sich erst in den letzten 10 Jahren entwickelt und sie ist auch aufgrund der staatlichen Repressionen nicht in der Lage sich wirklich zu entfalten. Außerdem sind alle Nachrichtenagenturen staatlich, sodass sämtliche Berichterstattung immer für Lukaschenko ist und über die Opposition oder andere kritische Stimmen im Fernsehen nicht berichtet wird.
Die Einstellung der Bevölkerung zu Lukaschenko ist unterschiedlich, viele halten ihm sehr zugute, dass er das Land in den letzten Jahren zu einem relativen Wohlstand gebracht hat, oft erzählen einem Leute, dass Lukaschenko dafür gesorgt hat, dass man in den Läden alles kaufen kann und auch die Qualität der Waren gut ist, trotzdem sind viele Menschen der Überzeugung, dass Lukaschenko nach 16 Jahren lange genug regiert hat und es jetzt einmal Zeit für einen Wandel wäre. Damit stößt man aber dann schon auf das nächste Problem, denn die Opposition hatte nie die Möglichkeit sich richtig zu entwickeln und viele Menschen sehen die Präsidentschaftskandidaten als nicht fähig einen Staat zu regieren oder als von Europa oder Russland abhängig. Bei der letzten Präsidentschaftswahl 2006 hatte die Opposition auch das Problem, dass sie untereinander zerstritten war und sich nicht auf einen gemeinsamen Gegenkandidaten gegen Lukaschenko einigen konnte.
Im Oktober standen an allen Straßenecken die Unterschriftensammler für die Kandidaten, die 100 000 Unterschriften sammeln mussten, um zur Wahl zugelassen zu werden. Zugelassen sind jetzt mit Lukaschenko zehn Kandidaten. Sie hatten die Möglichkeit sich im Fernsehen vorzustellen und es gab sogar eine Fernsehdebatte, zu der Lukaschenko jedoch nicht erschienen ist. Allerdings ist eine halbe Stunde Sprechzeit im Fernsehen ziemlich gering, wenn man bedenkt, dass Lukaschenko permanent in den Nachrichten auftaucht, außerdem ist die Zeit in der die Kandidaten sich vorstellen dürfen schon zu Ende und die letzte Zeit vor der Wahl wird jetzt wieder alleinig über Lukaschenko berichtet. Letzte Woche gab es noch eine letzte große Vorstellung für Lukaschenko: Die vierte belarussische Volksversammlung, auf der er einen ganzen Tag lang nochmal seine Politik vorstellen konnte.
Seine Taktik ist es im Moment vor allem der Bevölkerung und den andren Ländern freie Wahlen vorzugaukeln, sogar Demonstrationen, die eigentlich verboten waren, hatten für die Kandidaten außer einer Verwarnung keine Folgen. Trotzdem ist es wohl so, dass die Wahlen nach außen hin möglichst frei und demokratisch aussehen sollen und der Sieger wie in den Jahren zuvor schon feststeht.
Momentan ist die Stinmmung immer angespannter, die Miliz begegnet einem immer öfter auf der Straße, oft ist die Wahl Thema in Gesprächen. Die Oppositionkandidaten haben die Bevölkerung aufgefordert, am Sonntag auf den Oktoberplatz zu kommen und die Verkündung des Wahlergebnis dort zu erwarten.


Weitere Finfos zur Wahl gibts auf: http://belaruswahl2010.wordpress.com/