Willkommen auf meinem Blog über mein Freiwilligenjahr in Minsk, Belarus!

Mittwoch, 8. Juni 2011

Wirtschaftskrise, Proteste und zwischendrin die ASF Studienreise

Seit meinem letzten Post ist nun doch wieder in Monat vergangen, irgendwie macht der Sommer, das Zeitfinden zum Schreiben nicht unbedingt einfacher... Bevor ich jetzt aber anfange, erst mal ein Foto vom wunderschönen Minsker Sommer!




Im letzten Monat ist hier auch wieder viel passiert. Die Inflation schreitet rapide vorwärts, für uns am stärksten spürbar durch die stark gestiegenen Lebensmittelpreise und vor allem den Euro- Kurs. Der lag als wir vor 9 Monaten ankamen noch bei 1€ zu 3800 belarussischen Rubeln und bewegte sich auch bis Ende März immer ungefähr bei 1€ zu 4000. Danach stieg er allerdings immer weiter an, wodurch der belarussische Rubel weiter an Wert verlor. Die Leute kauften, weil sie Angst vor einer weiteren Inflation hatten, immer mehr Euro und Dollar bei den Banken und dann gingen den ersten Banken eben die Euros und Dollars aus. Also entwickelte sich ein Schwarzmarkt, aufdem man bis zu 6000 belarussische Rubel für einen Euro bezahlte. Dann wurde Mitte April der Kurs den man bei der Nationalbank bekam, dem Schwarzmarktkurs angeglichen und jetzt war auch bei den Banken der Kurs bei 1€ zu 6000 Rubeln. Das stieg dann immer weiter an, bis vor zwei Wochen der Kurs mit 7600 zu 1€ seinen Höchststand erreichte, also das doppelte von dem Kurs, der herrschte, als wir ankamen. Die letzten paar Tage sank der Kurs jetzt wieder ein wenig, heute ist er bei 7380 zu 1€.
Diesen Monat sind jetzt aber die Renten und Löhne ein wenig angehoben worden, obwohl das für viele Leute leider einfach nur wie Hohn klingen mag: alleine ein Kilo Zucker kostet schon 5000 bel. Rubel und der Lohn wird so um die 30 000 erhöht. 
Auch sind die Preise für Benzin die letzten Tage extrem gestiegen und ab morgen werden Zigaretten doppelt so teuer sein. Heute gab es schon keine mehr in den Läden. Da ausländische Währungen schon nur noch auf dem Schwarzmarkt zu bekommen sind, investieren viele Leute ihre Ersparnisse noch in "harte" Sachen: Elektrogeräte, wie Kühlschränke und Waschmaschinen sind sehr begehrt.
Aber durch die Krise nimmt auch etwas wieder zu, was es seit dem 19. Dezember nicht mehr gab: Widerstand gegen den Staat. Vor zwei Wochen kursierte die folgende Geschichte, zu der dann auch Videos im Internet auftauchten: Ein Student, hatte kein Ticket, als er im Bus kontrolliert wurde und weigerte sich dann aber zu bezahlen. Die Kontrolleurin rief die Miliz, ein Mann kam dem Studenten zuhilfe. Bis dahin alles noch normal. Als die Miliz kam, lief der Student weg und der Mann stritt sich mit der Miliz, die Situation eskalierte und die Milizionäre fingen an den Mann zu schlagen und wollten ihn festnehmen. Jedoch hinderten die Zuschauer, vor allem Frauen sie daran, sie schlugen mit ihren Handtaschen auf die Milizionäre ein, nahmen ihnen die Mützen weg und beschimpften sie. 
Auch gab es gegen die Benzinpreiserhöhung Proteste, vor zwei Tagen blockierten Autofahrer den Prospekt der Unabhängigkeit, die Hauptverkehrsstraße in Minsk, für mehrere Stunden. Sie stellten ihre Autos einfach auf der Fahrbahn ab, öffneten die Motorhauben und blieben dort einfach stehn. 
Alles in allem eine immer angespanntere Situation, viele Menschen schimpfen mittlerweile offen auf den Präsidenten. Der hat übrigens eine eigene Meinung zur Währungskrise und dem Ansturm auf Euro und Dollar (ok, er zitiert eine andere Frau): "Warum braucht ihr ausländische Währungen? Wollt ihr nach Ägypten in Urlaub fahren?"

Wie immer, bleibt erstmal nichts anderes zu tun, als abzuwarten und Tee zu trinken. Oder doch lieber Vodka? Denn der ist nicht so stark teurer geworden, warum nur?


Ansonsten hatten wir in den letzten Wochen aber auch sehr netten Besuch von der diesjährigen ASF Studienfahrt. Der Studienfahrt werde ich morgen noch einmal einen eigenen Eintrag widmen.


Noch etwas interessantes zum Lesen, kann ich in der jetzt neu erschienen ASF Zeitschrift anbieten, ich habe aufgrund des 70. Jahrestags auf die Sowjetunion einen Artikel für das "Zeichen" geschrieben. Außerdem ist auch Montag in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung ein Artikel über meine Mitfreiwillige Hannah erschienen.


Und zum Schluss noch etwas das mir sehr am Herzen liegt. Wie das Winterlager, über das ich schon berichtet habe, wird es auch im Sommer wieder mehrere Lager geben, ein Erwachsenenlager, das Lager von Rasnie Ravnie "Runder See" und ein Lager mit Kindern aus Novinki. Schon als ich ankam, wurde ich von den Kindern immer wieder gefragt, wann wir denn jetzt wieder aufs Lager fahren. Als der Winter zuende war und wir anfingen zu überlegen, wer mitfährt, war das ein heiß diskutiertes Thema und für mich auf der einen Seite sehr schön, wenn ich von Kindern gefragt wurde, und ich die Frage bejahen, aber auch traurig, wenn ich sie verneinen musste. Denn leider können wir nicht alle Kinder mitnehmen, aber für die 12 die aufs Lager fahren wird die Vorfreude immer größer. Jeden Tag fragen sie und die Zeit ist immer noch viel zu lange. 
Finanziert werden die Lager über Kanikuli e.V., dieses Jahr ist die Finanzierung aber sehr knapp. Daher hier der Spendenaufruf von Kanikuli und die Bitte von mir und vor allem von den Kindern aus Novinki und allen Teilnehmern der Lager: UNTERSTÜTZT BITTE DIE ARBEIT VON KANIKULI: SIE IST SEHR SEHR WICHTIG!!!




Danke, Johanna

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